PEARL-User-Group / AK1 GI-FG 4.4.2 - Treffen 1999
Allgemeines
Das Treffen der PEARL-User-Group bzw. des Arbeitskreises 1 der GI-Fachgruppe
4.4.2 fand am 27.05.99, 14:00-16:30 Uhr, mit 15 Teilnehmern am Institut für
Regelungstechnik der Universität Hannover statt.
Professor Gerth berichtet, daß die hohe Verschuldung der GI auch die
Fachgruppe 4.4.2 akut bedroht, obwohl diese stets Überschüsse an die GI
abgeführt hat. Etliche Mitglieder der Fachgruppe drohen mit Austritt aus der
GI, falls die Absicht der GI, das vom PEARL-Verein eingebrachte Guthaben
einzuziehen, nicht aufgegeben wird. Die PEARL-Tagung in Boppard findet
dieses Jahr jedoch auf jeden Fall in der bekannten Form statt. Professor
Gerth stellt kurz die geplanten Themen vor.
TOP1: PEARL 90 Weiterentwicklungen
- Fehlerkorrektur in RTOS-UH: EPROM-residente PEARL-Tasks, die bereits beim Hochlauf als Systemprozeß vorhanden sind und später selbst Speicher anfordern, griffen bisher in bestimmten Fällen irregulär auf den Task-Workspace der folgenden Systemtask zu. Ab Nukleus 7.8-B ist dieser Fehler behoben.
- Neuerung bei VOID-Pointern: typlose Zeiger dürfen nun auch auf Prozeduren zeigen.
- Dynamisch erzeugte Datenstationen (CREATED) werden bei Verlassen einer Prozedur nun automatisch auch ohne CLOSE zurückgegeben.
- Ab Version 15.9-J erzeugt der PEARL90-Compiler stets eine durch 4 teilbare Modulgröße. Andere Modulgrößen führten auf dem PowerPC zu Problemen beim Linken.
- Der RTOS-UH-Linker unterstützt ab Version 1.3-A alle neuen Lade-Direktiven des PEARL90-Compilers und ist damit auch für den PowerPC für nachladbare Programme voll einsatzbereit. Auch eine Kreuzbindung von PEARL- und C-Modulen ist möglich. Aufgrund der Codierung des Linkers in VCP-Code ist er, wie auch der PEARL90-Compiler, plattformunabhängig ausführbar.
- Im Linker fehlt für den PowerPC noch eine Vorrichtung zur Bearbeitung von EPROM-residenten Modulen. Außerdem muß intern noch mehr Platz für Symbole geschaffen werden, da in C häufig sehr lange Namen verwendet werden.
- Hinweis: der Linker kann sowohl 68k- als auch PowerPC-Programme binden.
TOP2: Compiler und Laufzeitsysteme: Statusbericht und Ausblick
- Übergibt man unter RTOS-UH dem TRACE-Befehl als Adresse die Zahl 1, so stoppt die untersuchte Task nach jedem Hardwarebefehl. Eine ähnliche Option ist zum Tracen nach jeder PEARL-Zeile geplant.
- Der neue RTOS-UH-Filemanager 'UHFM3' erlaubt Dateinamen bis zur Länge 'MXPATH' (typisch sind hier 64 Zeichen) und ist zur Verwaltung großer Partitionen geeignet. Mit dem neuen Filemanager ist die Anzahl der Ordner und Files auf einem Device praktisch nicht mehr limitiert. Außerdem ist es möglich, einzelne Dateien mit Attributen zu versehen. Weiterhin steht ein Disktool zur Verfügung. Um unter RTOS-UH sowohl Devices, die mit dem alten, als auch Devices, die mit dem neuen UHFM formatiert sind, ansprechen zu können, kann man einfach beide Filemanager ins System aufnehmen.
- In PEARL gibt es neuerdings die Datenstationen /RIM (report incomming
message) und /CRIM (conditional report incomming message). Damit ist es
möglich, Daten aus der eigenen Warteschlange (Pipe) zu lesen, in die eine
andere Task etwas über das Pseudo-Device /Taskname
hineingeschrieben hat.
Beispiel: CP > /Taskname
Verwendung im PEARL-Programm:
XYZ: /RIM;
...
X: TASK;
DCL ... CREATED (XYZ);
Im Fall von /RIM wartet die Task auf Input, während /CRIM bei leerer Warteschlange eine Fehlermeldung liefert. - Der Window-Manager WiM läuft nun auch 'native' auf PowerPC-Systemen. Die Geschwindigkeit ist gegenüber bekannten Systemen wesentlich erhöht.
- Das IRT wird weiterhin die 68xxx-Version von RTOS-UH im vollen Umfang pflegen, obwohl das Institut selbst weitgehend auf PowerPC-Systeme umgestiegen ist.
- Die neue Version des in C geschriebenen Emulators für VCP-Programme (Compiler, Assembler, Linker) unterstützt INCLUDE-Pfade relativ zur gerade abgearbeiteten Datei. Die bisher parallel für DOS erzeugte Intel-Assembler-Variante des VCP wird nicht mehr gepflegt, da auch hier der C-VCP eingesetzt werden kann. Weiterhin wurde die Parameterübergabe verbessert.
- Ein neues C-Tool 'PE' erleichtert die Verbindung gängiger Editoren mit dem PEARL-Compiler. Die Compiler-Meldung wird hier so aufbereitet, daß z.B. bei einem Übersetzungsfehler der Editor das betroffene File öffnet und die entsprechende Zeile ansteuert. Dieses Tool soll bald vom IRT über das Internet abrufbar sein.
- Weitere C-Utilities werden derzeit für RTOS-UH übersetzt und sollen ebenfalls über das Internet bereitgestellt werden.
- Von der Firma IEP gibt es für RTOS-UH einen SMB-Server, der die Devices eines RTOS-UH-Rechners über TCP/IP zugänglich macht, um z.B. von Windows aus darauf zugreifen zu können.
- Das IRT hat im Rahmen einer Diplomarbeit einen HTML-Dämon entwickelt, mit dem sich ein RTOS-UH-Rechner über das Netz von einem Standard-Browser aus bedienen läßt. Er befindet sich aber noch im Experimentier-Stadium. Umfang: Bedienbefehle absetzen, Editieren, Compilieren e.t.c.
- Das hausinterne Netz ist jetzt auf 100 MBit/s umgestellt. Gegenüber der alten Vernetzung mit 10 MBit/s verbesserte sich die Geschwindigkeit bei Datei-Transfers aber 'nur' um einen Faktor 2-3.
- Ausblick: Um bei der Prozeßvisualisierung unter RTOS-UH auf vorhandene
Standardsoftware zurückgreifen zu können, sind verschiedene Wege im Gespräch:
- Anpassung einer in C vorliegenden, kompakten Multi-Window-Oberfläche an RTOS-UH. Die Firma esd hat dies bereits eruiert. Leider hat WindRiver kürzlich alle Rechte an diesem Paket aufgekauft, so daß zukünftige Updates nicht mehr erhältlich sein werden.
- Übertragung des SUN-Java-Emulators auf RTOS-UH. Hier hat es bisher erhebliche Anlaufprobleme gegeben. Außerdem ist die Portabilität von Programmen nicht gewährleistet.
- Erzeugung von Anschlüssen des vorhandenen Window-Managers für C-Standard-Klassenbibliotheken.
- Bei Codierung von Supervisor-Sequenzen und IR-Routinen in C auf dem PowerPC entsteht dadurch ein Problem, daß die meisten C-Compiler das Register r1 als Stackpointer verwenden, während in RTOS-UH r15 diese Aufgabe erfüllt. Bei diesen Sequenzen geht RTOS-UH bisher davon aus, daß r15 außer der Stack-Anwendung keine Veränderung erfährt. Dies ist bei den meisten C-Compilern aber nicht zu gewährleisten. Abhilfe soll eine Erweiterung bringen, bei der die Register r1 und r15 vor Beginn der C-Passage vertauscht werden. Exception-Routinen, die andere Supervisor-Sequenzen unterbrechen, müssen dann allerdings immer prüfen, welches Register den jeweils gültigen Stackpointer enthält. Die Lösung wird den sogenannten 'Malfunction-Mechanismus', mit dem RTOS-UH auch bei schweren Fehlern in der Supervisor-Sequenz stabil reagiert, vollständig erhalten.
TOP3: Neue RTOS-UH Implementierungen
- Neben den Implementierungen für die 'High-Performance' PowerPC-Prozessoren 604 und 750 und den für den Embedded-Bereich gedachten Typen 821 und 860 existiert neuerdings auch eine RTOS-UH-Implementierung für den neuen PowerPC 555.
- Der 555 ist als Pendant zu dem 376 aus der 68xxx-Familie einzustufen. Er verfügt 'On-Chip' über ein breites Spektrum von Peripherie-Controllern: CAN, A/D und TPU sind bereits enthalten. Er ist damit offensichtlich speziell für die Automatisierungstechnik konzipiert. Unter RTOS-UH ist seine Rechenleistung, vermutlich wegen des fehlenden Cache-Speichers, im Integer-Bereich etwas schlechter als die des 821. Eine der Stärken des Prozessors liegt im Floating-Point-Bereich, wo der 555 fast die Geschwindigkeit eines 68060, also des schnellsten 68xxx-Vertreters, erreicht. In der Zeitschrift Elektronik erscheint in Kürze ein Artikel von IRT-Mitarbeitern über RTOS-UH auf dem 555.
- Der PowerPC hat sich wie erwartet stark verbreitet. Aus Presseberichten geht hervor, daß die Kooperation zwischen Motorola und IBM bei diesem Prozessortyp im Embedded-Bereich nun doch in der ursprünglich geplanten Form weitergeführt wird.
TOP4: Berichte aus den Ingenieurbüros, Entwicklungsabteilungen und Forschungsinstituten
Die folgende Aufstellung beschränkt sich auf Berichte, die ausführlicher diskutiert wurden. Daneben wurden etliche Anwendungen vorgestellt.
- An der Universität Hannover wird derzeit das Mechatronik-Zentrum Hannover, an dem das IRT maßgeblich beteiligt ist, eingerichtet.
- Am IRT soll der 555 zur Steuerung von autonomen mobilen Service-Robotern zum Einsatz kommen. Ein Ziel dieser Forschung ist das dynamische Laufen, bei dem im Gegensatz zu den meisten existierenden Lauf-Robotern der Schwerpunkt in der Bewegung auch außerhalb der Stehfläche liegen kann. Zunächst ist das Gleichgewichtsorgan Gegenstand verstärkter Untersuchungen.
- Für PCs sind inzwischen mehrere Atari-Emulatoren erhältlich, die eigentlich dazu gedacht sind, Spiele aus den 80er Jahren mit dem Original Op-Code auf der neuen Plattform zu betreiben. Die Emulation ist gut genug, um ein Atari-RTOS-UH auf einem PC auszuprobieren. Probleme macht allerdings das File-I/O.
- Herr Litsch (IEP) berichtet, daß bei RTOS-UH-Aufträgen inzwischen fast immer ein PC zur Visualisierung enthalten ist.
- Eine Entwicklungsoberfläche für IEC-1131-konforme Steuerungsprogramme, die unter RTOS-UH laufen, ist bei mehreren Ingenieurbüros erhältlich. Entwicklung und Debugging sind übersichtlich und einfach. Erste Projekte sind realisiert.
- Die von esd angebotene Verbindung von GNU-C und RTOS-UH ist seit der letzten PEARL-User-Group Sitzung erheblich erweitert worden.
- Durch die C-Anbindung erhöht sich bei vielen Kunden derzeit die Akzeptanz für RTOS-UH. Insbesondere die Verwendbarkeit von C-Programmen, die sonst auf anderen Betriebssystemen laufen, ist wichtig.
- Daneben kommt auch PEARL90 bei Neukunden wieder häufiger zum Einsatz.
- Bei der Prozeßvisualisierung sind RTOS-UH-Systeme zur Zeit nicht auf dem Stand von Alternativ-Produkten. Die im Ausblick zu TOP2 genannten Ansätze werden daher bei esd verstärkt vorangetrieben.
- Verschiedene Anwender setzen inzwischen Soft-SPS und S7-SPS ein.
- Einige Ingenieurbüros bieten für RTOS-UH eine Kopplung an den Profibus an. Systeme zur Kontrolle mehrerer lose gekoppelter SPS-Steuerungen sind im Einsatz.
- Eine Firma aus Süddeutschland bereitet eine eigene Hardware mit einem 823 PowerPC unter RTOS-UH vor, die in einer weiten Palette von Produkten eingesetzt werden soll.
- Bei einem Anbieter von Mikrowellenanlagen wird PEARL90 unter RTOS-UH unter anderem auch deshalb eingesetzt, weil eine größere Sicherheit gegen Raubkopien als bei einer SPS besteht.
- Ein potentieller neuer Nutzer von RTOS-UH hebt hervor, daß für ihn die Exekutierbarkeit direkt aus dem EPROM und die offengelegte Architektur des Betriebssystems wichtig sind.
Torsten Lilge